Betriebsratsarbeit

Warum ein Betriebsrat wichtig ist

Spätestens seit Habecks jüngstem Auftritt bei Maischberger ist die Insolvenz in Deutschland in aller Munde. Nicht nur Mitarbeiter von Bäckereien, Bio- oder Blumenläden machen sich große Sorgen und stellen sich die Frage, was sie tun sollen, wenn ihr Arbeitgeber nicht nur aufhört zu produzieren und zu verkaufen, sondern tatsächlich in die Insolvenz rutscht.

Was Arbeitnehmer grundsätzlich wissen sollten:

Egal, ob in einem Unternehmen Gewinne oder Verluste gefahren werden, ob eine Gewinnbeteiligung ansteht oder eben die Insolvenz: Gibt es in einem Betrieb keinen Betriebsrat, so entfällt die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) weitgehend. Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber können in einem solchen Fall nicht ausgeübt werden (z. B. in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten). Deshalb darf der Arbeitgeber allein entscheiden.
Ganz wichtig ist hierbei der § 80 BetrVG.
Außerdem sind folgende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates weitreichend und zwingend:

§ 87 Mitbestimmungsrechte (*)
§ 92 Personalplanung
§ 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen
§ 102 Mitbestimmung bei Kündigung
§ 111 Betriebsänderung

Auch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung (normalerweise verbessern diese einzelne Arbeitsverträge) ist in einem Betrieb ohne Betriebsrat nicht möglich, weil derartige Betriebe außerhalb der Betriebsverfassung stehen.
Für einzelne Arbeitnehmer ergeben sich aus dem BetrVG lediglich ein Mitwirkungs- und Beschwerderecht:

§ 81 Unterrichtungs- und Erörterungspflicht des Arbeitgebers
§ 82 Anhörungs- und Erörterungsrecht des Arbeitnehmers
§ 83 Einsicht in die Personalakten
§ 84 Beschwerderecht

Zurück zur Insolvenz:

Für Arbeitnehmer verändert sich mit einer Insolvenz erst einmal nur der Ansprechpartner. Das ist im Insolvenzverfahren dann der Insolvenzverwalter. Das Betriebsverfassungs- und Arbeitsrecht gilt weiter. Auch für den Betriebsrat ist nun der Insolvenzverwalter Ansprechpartner in Sachen Mitbestimmung, Mitwirkung und Beteiligung (abgesehen von durch die Insolvenz begründete Fristenänderungen).
Alles, was mit einer Insolvenz zu tun hat (eventuelle Umstrukturierungen, Verlagerung, Interessenausgleich, Sozialplan etc.), verhandelt der Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat.

Rechte und Pflichten als Arbeitnehmer:

Sobald die Insolvenzanmeldung des Arbeitgebers bekannt ist, am besten gleich einen Termin beim Arbeitsamt zum Thema Insolvenzgeld und Arbeitslosengeld (ALG I) ausmachen. Außerdem sollte

• die Gehaltsabrechnung regelmäßig kontrolliert werden. Ist das Gehalt nicht vollständig auf dem Konto eingegangen, muss der Chef und/ oder der Insolvenzverwalter umgehend schriftlich auf die ausstehenden Beträge hingewiesen werden. Darüber hinaus muss er in diesem Schreiben aufgefordert werden, diese Beträge fristgerecht zu begleichen (eventuell mit Verzugszinsen). Nur wenn die fehlenden Beträge schriftlich angemahnt wurden (per Einschreiben oder mit Stempel des Sekretariats), können offene Forderungen später gerichtlich geltend machen.
• bei einer Kündigung unverzüglich Arbeitslosengeld beantragt bzw. innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden.

Eine juristische Beratung ist eigentlich unabdingbar.

Auch noch gut zu wissen:
Gehaltsverzicht ist keine Option. Es kann sein, dass der Arbeitgeber bittet, auf Urlaubs- oder Weihnachtsgeld zu verzichten oder die Auszahlung des Gehalts auf einen späteren Zeitpunkt verschieben zu dürfen. Als „fairer und langjähriger“ Arbeitnehmer scheint das zumindest eine Überlegung wert, doch in den meisten Fällen hilft das dem Betrieb nicht weiter. Viel eher kann es den Arbeitnehmer selbst in eine finanzielle Notlage bringen.

(*) § 87 Mitbestimmungsrechte

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

  1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
  2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
    vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
  3. Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
  4. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
  5. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
  6. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
  7. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
  8. Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
  9. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
  10. Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
  11. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
  12. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.